#D2030!

Das ist nicht der Name eines blechernen Sidekicks aus der nächsten Star Wars Verfilmung, hat aber irgendwie trotzdem was mit Zukunftsszenarien zu tun. D2030 ist eine u.a. von Klaus Burmeister und Beate Schulz-Montag vom Foresight Lab organisierte Zukunftskonferenz, die sich insbesondere mit der Perspektive für Deutschland bis – man höre und staune – 2030 beschäftigt. Und Zukunft, das habe ich hier ja auch schon 1-2 mal am Rande fallen lassen, ist etwas, was mich durchaus interessiert.

Aus diesem Grund habe ich mich, als ich über die sozialen Medien erstmalig auf das Projekt aufmerksam wurde, kurzer Hand als Early Bird registriert. Ohne eigentlich zu wissen, worauf ich mich da einlasse. Kleine Notiz am Rande: Ich habe mich vorher noch nie für irgend etwas als “Early Bird” registriert. Aber um die Zukunft kann man sich ja nicht früh genug kümmern.

Ab in die Zukunft

Wie auch immer, das war ungefähr im März. Nach der Registrierung hatte ich meine Schuldigkeit nach eigener Einschätzung getan und kümmerte mich dementsprechend erst einmal nicht mehr sonderlich intensiv um das Thema. Erst als ich Anfang Juli die Erinnerungsmail mit der geplanten Agenda erhielt, machte ich mir die Mühe, einmal genauer zu schauen, wofür ich mich eigentlich so voller Zukunftsoptimismus angemeldet hatte. Je intensiver mich nun mit dem Konzept beschäftigte, desto bewusster wurde mir, wieviele Leute da bereits im Vorfeld eine Menge Arbeit in das Projekt investiert hatten.

In einem umfangreichen Verfahren hatte das Kernteam die Stimmung und Meinung der Deutschen zu aktuellen Zukunftsaussichten eingeholt und aufbereitet. Dabei ging es einerseits darum, mögliche Zukunftsszenarien mit wünschenswerten Zukunftsszenarien abzugleichen. Auf diese Weise sollte eine Art Kompass entstehen, der als Grundlage für die gezielte Umsetzung weiterer Maßnahmen dienen kann und soll.

Denn – und da kann man der Initiative beim besten Willen nicht vorwerfen hier zu zaghaft vorzugehen – das erklärte Ziel ist nichts weniger, als eine Vorreiterrolle im Rahmen der digitalen und gesellschaftlichen Transformation zu übernehmen. Die zentrale Frage ist: Wie wollen wir in 17 Jahren leben und welche Rolle werden Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft dabei spielen? Dass ein deutschlandweiter Diskurs zu diesem Thema dringend notwendig ist, haben die Ereignisse gezeigt, die sich am gleichen Wochenende rund um den G20-Gipfel in Hamburg abspielten.

Deutschland – wo willst du hin?

Aber bevor wir uns einmal ansehen, ob und wie eine so ehrgeiziges Ziel überhaupt ernstahft in Angriff genommen werden sollte, möchte ich die erarbeiteten Szenarien in aller Kürze vorstellen. Insgesamt gibt es für Deutschland im Großen und Ganzen vier mögliche Zukünfte mit unterschiedlichen Ausprägungen. Zum besseren Verständnis wurden die Szenarien (nach harten wissenschaftlichen Maßstäben) anhand der folgenden beiden Parameter gegenübergestellt: global vs. lokal und wir vs. ich.

Szenario 1: Ich – Global

Dieses Szenario heißt “spurtreue Beschleunigung”. Deutschland öffnet sich dem globalen Markt, bewegt sich aber weiter in bestehenden eher materialistischen und ich-bezogenen Bahnen.

Szenario 2: Wir – Global

Im Szenario “Neue Horizonte” zieht Deutschland seine Stärke aus der Vielfalt und dem gemeinsamen Miteinander. Dies bildet die Grundlage für eine Vorreiterrolle und Vorbildfunktion im Rahmen im Kontext von Globalisierung und digitaler Transformation.

Szenario 3: Wir – Lokal

Bei der “Bewussten Abkopplung” entwickelt Deutschland sich hin zu einem gemeinsamen Miteinander und weg vom kapitalistischen Materialismus. In diesem Rahmen wird sich aber auch verstärkt wieder auf lokale und regionale Werte konzentriert. Man schottet sich ab.

Szenario 4: Ich – Lokal

Dieses Szenario beschreibt wertfrei eine Rückkehr zu alten Werten. Jeder ist sich selbst der Nächste und kehrt erstmal nur vor der eigenen Tür. Zum Glück muss ich hier nicht wertfrei sein. Von daher: ich finde diese Vorstellung kacke.

Was wollen wir von unserer Zukunft

Im Rahmen der Konferenz wurden nun nicht nur die Szenarien sondern auch ihre konkrete Bewertung in Bezug auf Aktualität, Erwartbarkeit und Wünschbarkeit festgehalten. Ich möchte an dieser Stelle nicht im Detail auf die einzelnen Ausprägungen eingehen. Wen es interessiert, der kann die Ergebnisse schön zusammengefasst in der D2030 – Landkarte der Zukunft nachlesen. Die Kernaussage war jedoch recht deutlich. Wir befinden uns aktuell im Szenario 1: “Spurtreue Beschleunigung” und auch die Erwartungshaltung ist, dass es erst einmal eher in diese Richtung weitergehen wird. Unter den Befragten ging der Wunsch aber ganz klar in Richtung “Neue Horizonte”.

Auch wenn ich mich persönlich vollständig mit dieser Tendenz identifizieren kann, muss erwähnt werden, dass diese Umfrage keineswegs repräsentativ war. Die Meinungen wurden über ein von den Organisatoren zur Verfügung gestelltes Online-Tool eingeholt. Und auch wenn dies die Leistung in keinster Weise schmälern soll, muss davon ausgegangen werden, dass die Teilnehmer nicht das gesamte Spektrum aller deutschen Bevölkerungsschichten abdecken konnten. Im gleichen Maße, wie man Vielfalt und gemeinsames Miteinander als wünschenswerte Zukunft herausstellt, muss man dafür sorgen, dass diese Vielfalt auch in den Entwicklungsprozess eingebunden wird. So sehr ich meine persönliche Filterblase mag, so wichtig ist es herauszufinden, wie Menschen mit ganz anderen Hintergründen – Alter, Ethnizität, Religion, Bildungsstand, Einkommenshöhe, usw – zu den vorgestellten Szenarien stehen.

Im Rahmen der Konferenz Anfang Juli wurde die Wünschbarkeit eines Deutschlands, welches weltoffen ist, ein gutes Verhältnis zwischen Staat, Wirtschaft und Zivilgesellschaft vorweist und großen Wert auf Vielfalt und Miteinander legt, (sinnvoller Weise) nicht groß in Frage gestellt. Das Verfahren an sich wurde zwar durchaus selbstkritisch hinterfragt, als Arbeitshypothese jedoch von allen akzeptiert.

Wie gestaltet man eine Konferenz zur Gestaltung der Zukunft?

Die spannende Frage, die sich nun für die meisten Teilnehmer stellte, war. Was fangen wir damit an und Was bringt die Erkenntnis überhaupt?

Die Organisatoren hatten sich diesbezüglich viele Gedanken gemacht und die Erwartungshaltung von Anfang kommuniziert. Man wollte sich auszutauschen und gemeinsam Maßnahmen und Ideen erarbeiten, wie man den Weg zu “Neuen Horizionten” bis 2030 unterstützen könnte.

Tag 1

Die Veranstaltung begann am Donnerstag mit einer informativen Podiumsdiskussion bei der Vertreter aus den Medien, der Wirtschaft, der Wissenschaft und der Politik ihren eigenen Blick auf die Zukunft Deutschlands diskutierten. Bereits hier wurden einige sehr interessante Thesen ausgetauscht. Für mich persönlihc war es hier besonder spannend zu sehen, wie schwierig es tatsächlich bei diesem Thema ist, sich von allgemeinen Formulierungen zu lösen. Kai Goerlich von der SAP SE hat dies sehr schön anhand von plastischen Beispielen versucht, was auf der anderen Seite dazu führte, dass sein Beitrag im Publikum als zu unpolitisch wahrgenommen wurde. Da haben wir schon das erste Problem mit dieser vermaledeiten Vielfalt. Vielfalt ist so lange gut und schön, wie sich in Inhalt und Form an die eigenen Maßstäbe anpasst.

Ich persönlich muss sagen, dass ich lieber konkrete Beispiele habe, anhand derer man Handlungsempfehlungen für die Umsetzung ableiten kann, als nur über die politische Tragweite zu reden. Bei einem hervorragenden BBQ auf der Dachterrasse vom Colonia in Berlin gab es jedoch gute Gelegenheiten, um die ersten Eindrücke noch einmal Revue passieren zu lassen. Der Auftakt war in jedem Fall vielversprechend. Und so ging es hochmotiviert in den zweiten Tag.

Tag 2

Am zweiten Tag wurde in einer demokratischen Abstimmung die vier Leitfragen ausgewählt, die in kleineren Runden intensiv diskutiert werden sollten. Die folgenden nicht ganz trennscharf voneinander abzugrenzenden Fragen haben es in die Diskussionsrunden geschafft::

  • Wie entsteht Mut zur Veränderung?
  • Wie kann ein Zielpfad aussehen, der Offenheit und Globalität mit Nachhaltigkeit und Gemeinschaftlichkeit verbindet?
  • Wieviel Umverteilung und Steuerung ist notwendig um Ungleichheit zu überwinden?
  • Wieviel Freiheit ist notwendig, damit sich die positiven Kräfte der Digitalisierung entfalten?

Wie man schnell merkt, haben wir uns direkt die einfachsten Fragen vorgenommen. Bei genauerem Hinsehen fiel jedoch auf, dass es trotz einer starken gemeinsamen Grundeinstellung noch genügend Gesprächsstoff gab, um den gesamten Vormittag zu füllen.

An Ideen mangelt es nicht

So entstanden sehr spannenden Diskussionen, in denen sehr schnell deutlich wurde, dass es trotz gemeinsamer Grundwerte ganz unterschiedliche Ideen und Vorstellungen gab, wie man diese Leitfaden beantworten könnte. Die größte Schwierigkeit war es auch hier, eine gute Balance zwischen unkonkreten Allgemeinaussagen und Detaillösungen zu finden.

Dabei wurden sehr viele Themen andiskutiert:

  • Bedingungsloses Grundeinkommen,
  • flexible Arbeitszeitgestaltung,
  • multivariate Zielsystemen (ja, uach ich habe vorher nie davon gejört),
  • Umstrukturierung des Bildungssystem
  • Neudefinition der Wertschöpfung
  • Raum für Experimente
  • Wandel zur Wissensgesellschaft
  • Partizipation und Offene Systeme
  • und Stätdeolympiaden (die erstmal nichts mit Sport zu tun haben)

Am Ende war es schwierig die große Frage nach dem “Was jetzt?” zufriedenstellend zu beantworten. Selbst die Experten der letzten Expertenrunde konnten eher allgemeine Hinweise geben. Auch hier gab es einige klare Appelle: “Weg vom Materialismus und hin zum Gemeinwohl”,  “Die Politik nicht vergessen”, “Denken und entschlossen Handel” und “Flächendeckendes W-LAN”. Knallharte Handlungsanweisungen waren (durchaus nachvollziehbar) jedoch auch hier schwer auszumachen.  

Welche Rolle spielen WIR?

Wirklich konkrete nächste Schritte müssen jetzt im Nachgang angestoßen werden. Und das sicherlich nicht alleine durch das Kernteam. Insgesamt gab es einige wiederkehrende Punkte, die auch mich dazu veranlasst haben, diesen Blogartikel zu verfassen:

Wir können unsere Zukunft gestalten

Am ersten Tag hat Kai Goerlich in seinem (unpolitischen) Beitrag eindrücklich darauf hingewiesen, dass Wir die Zukunft selbst in der Hand haben. Wir können sie selber mitgestalten. Beim Abendessen hatten wir eine angeregte Diskussion darüber wer Wir eigentlich sind, dass wir da anscheinend so großen Einfluss haben könnten.

Ich meine, dass ich persönlich meine eigene Zukunft größtenteils in der Hand habe, davon bin ich eigentlich schon immer recht überzeugt gewesen. Und auch davon, dass ich ein bisschen was im direkten Umfeld (Familie, Unternehmen, Supermarkt) tun kann. Aber wie ist es darüber hinaus? Wie können Wir dafür sorgen, dass wir nicht nur die 150 engsten Freunde und Verwandten erreichen, um mit ihnen unsere ganz persönliche Lieblingszukunft zu stricken, sondern tatsächlich alle Menschen in Deutschland und gerne auch noch ein- bis zweitausend Kilometer darüber hinaus. Ich habe für mich nun nach zwei Wochen “sacken lassen” eine Antwort gefunden.

Ein Vorschlag zur Güte

Ich möchte dazu beitragen, die Projekte und Ideen, die sich mit “Neuen Horizonten” beschäftigen, verbreiten. Intuitiv haben wir bereits vor ein paar Monaten mit diesem Blog hier angefangen, um genau das zu tun. Jetzt habe ich die offizielle Rechtfertigung von 150 Zukunftsenthusiasten inklusive respektierter Leute wie Prof. Jutta Allmendinger, Prof. Reinhold Leinfelder und Physiker und Zukunftsforscher Dirk Helbing.

Wir haben uns in diesem Blog mit der Zukunft von Arbeit, der Zukunft von Bildung und der Zukunft des Zusammenlebens beschäftigt. Und nach der D2030 bin ich überzeugt, dass dies für mich die richtigen Themen sind an denen ich dranbleiben werde. Ich habe viele interessante Leute kennengelernt, die sich engagieren. Zukunftsprojekte in ländlichen Regionen, Konfliktbewältigung mit frustrierten Bürgern oder Nutzung von Blockchain zum Ausbau der Energieversorgung in Entwicklungsländern um nur einige der Projekte zu nennen.

Wir können nicht auf einmal die Gesellschaft umkrempeln, aber wir können Wege aufzeigen wie es Schritt für Schritt funktionieren kann. Dafür braucht es die großes strategische (politische) Vision, aber dafür braucht es auch die kleinen (unpolitischen) Geschichten und Anekdoten. Gerne möchte ich an dieser Stelle einen Raum dafür schaffen. Wenn ihr also Berichte oder berichtenswerte Projekte habt, meldet euch. Ich werde diese gerne sammeln, besser kennenlernen und im Rahmen meiner Möglichkeiten verbreiten.

Auf in die Zukunft !

 

Rosige Aussichten dank D2030 – Wofür braucht man eine Zukunftskonferenz?
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